Ernsthofen in alten Fotografien

Ernsthofen, - der Name rührt vom Hof des Ernestus, eines angesehenen fränkischen Erstsiedlers - birgt in seiner Ortsmitte ein historisches Wasserschloß. Da es seit vielen Jahren in Privatbesitz ist und nicht besichtigt werden kann, bleibt es meist unbemerkt. Von Claus Klenk erhielt ich nun zahlreiche historische Fotografien, die Sie weiter unten auf dieser Seite finden.

Die älteste Darstellung des Dorfes mit dem Wasserschloß: Ölgemälde von Johann Georg Stockmar aus der Zeit um 1750. Das Gemälde hängt im Jagdschloß Kranichstein. Gernot Scior, Autor des großformatigen Kartenwerks "Die Waldkarte" mit den Spuren fürstlicher Bauten in den Wäldern um Darmstadt, beschreibt in einem Aufsatz in "Der Odenwald" vom März 2009 dieses Bild.

Das Schloß wurde zur Zeit der Gemälde-Entstehung von den fürstlichen Jagdgesellschaften genutzt bis zur Beendigung der Hetzjagden durch Ludwig IX 1768. Die gesamte Geschichte des Schlosses dokumentierte Georg Krügler zur 600-Jahr-Feier von Ernsthofen 1963. Zu finden ist die Festschrift auf der Seite des Ortsbeirates Ernsthofen: www.ernsthofen-modautal.de

Hier sind beide Festschriften hinterlegt:

Darin finden Interessierte neben stimmungsvollen Fotos des Dorfes und der Umgebung wichtige Informationen.

 

Zu den Ernsthofen-Seiten schreibt der Ortsbeirat: "Mit unserer Seite wollen wir Ersthofen ein wenig für uns und Interessierte präsentieren. So  soll unser Ort in der Gemeinde Modautal auch für jene findbar sein , die sich auf dem „Lande“ niederlassen wollen und Ernsthofen ein wenig kennen lernen wollen. Natürlich möchten wir gerne mit der Seite für Ernsthöfer eine Plattform anbieten, auf der man sich informieren und auch mitteilen kann."  

Von Doris Starzinger-Kühl erhielt ich weitere Fotos aus ihrer aktiven Zeit als Ortsvorsteherin (Fotos sind mit StK gekennzeichnet).

 

2008 wird die junge Eiche am Buchteich gepflanzt, rechts der schön geschmückte Osterbrunnen (StK)

Das Team, das alljährlich den Felsenkeller gesäubert und instandgehalten hat, im Jahr 2000 - Fotos StK

 

Grenzgang 2002, im Hintergrund das Schloßtor (StK)

Ersatzgrenzgang am 13.4.2008, da es zum normalen Termin im Januar stark geregnet hat (StK)

Unser Dorf hat Zukunft: an diesem Wettbewerb nahm Ernsthofen 2008 teil. In der Pferdekutsche wurde die Prüfungskommission durch das Dorf gefahren, aber Ernsthofen belegte letztlich unverschuldet nur den 4. Platz, weil der Kommission trotz intensiver Bemühungen keine Besichtigung des Schlosses ermöglicht werden konnte. Das Schloß ist in Privatbesitz.

Gerlinde Schütz in Odenwälder Tracht und Claus Klenk mit seiner historischen Konzertdrehorgel während des Besuches der Kommission (StK)

Das MIAG-Haus in Ernsthofen, einst Erholungsheim der MIAG im Luftkurort Ernsthofen (Foto StK, Infos zur MIAG hier: http://www.seg-ober-ramstadt.de/miag-gelande/historie/), der dicke Schornstein auf dem Gebäude weist darauf hin, daß hier möglicherweise auch Bier gebraut wurde. Im naheliegenden Felsenkeller wurde jedenfalls das Eis zum Kühlen des untergärigen Bieres gelagert, das in den einzelnen Gastwirtschaften gebraut wurde.

 

 

Altes Foto von Ernsthofen, Blick vom Standort Kreisjugendheim zum Petersberg, rechts sind die "zwei Wächter" zu sehen. (Klenk)

  

Die zwei Wächter: links als Fotografie, rechts als Gemälde von Georg Krügler (Klenk). Auf dem Gemälde sehr schön zu erkennen: wie Landwirtschaft früher aussah. Es ist Sommer, die Garben sind säuberlich aufgestellt.

Wie kleinräumig die landwirtschaftlichen Flächen um Ernsthofen 1953 strukturiert waren, erkennt man auf diesem Luftbild (Klenk). Zur Entwicklung der Landwirtschaft von 1750 bis heute lesen Sie auch meinen ausführlichen Beitrag im Jahrbuch 2021: Spinnstubb 2.0 - Kartographie, Eisenbahn, Ultramarin!

Winterspaß in Ernsthofen - Rodeln im Schnee und Ausfahrt mit der Pferdekutsche... (Klenk)

oben und unten: zwei undatierte Postkarten "Luftkurort Ernsthofen i/Odenwald", zugesandt von Dr. Gerhard Stärk, Guntersblum

Ansichtskarte um 1920, heute steht in der Bildmitte die Mittelpunktschule (Klenk).

Das Schloß

Das Wasserschloß mitten in Ernsthofen geht auf eine Zeit zurück, als fränkische Siedler im 8./9. Jahrhundert hierher kamen. Später wurde der Hof zu einer Burg ausgebaut, um das weite Tal der Modau kontrollieren zu können. Auf die ersten urkundlich bekannten Herren Rabenold zu Ernsthoffen im 15. Jahrhundert folgen die Kalbe von Reinheim und die Herren von Wallbrunn. Sie gaben dem Schloß seinen Namen: Schloß Wallbrunn. Mehr dazu findet sich auf Wikipedia.

Die Walbrunner hatten Mitte des 15. Jahrhunderts das Wasserschloß mit den dazugehörigen Dörfern vom Geschlecht der Rabenolt übernommen. 1483 übertrug Hans von Walbrun das Schloß auf den Landgrafen von Hessen als Lehen. 1498 wurde sein Sohn Hans, kurpfälzischer Hofrichter zu Heidelberg, Burggraf zu Starkenburg und Amtmann zu Otzberg, von seinem Stiefbruder ermordet, als er auf dem Rückweg von der Kapelle die Schloßbrücke überquerte.

Es gab auch eine "Schlacht bei Ernsthofen": Hans Adolf von Walbrun, gewalttätig und streitsüchtig, mußte nach einem Gerichtsbeschluß das Schloß an seine Brüder abgeben. Jedoch er weigerte sich und verjagte die Brüder. Auch gegen die Untertanen war er nicht sehr freundlich. Der Landgraf schickte daher 1569 den Keller von Lichtenberg mit hochfürstlichem Handschreiben nach Ernsthofen. Er wolle alle Machtmittel rücksichtslos gegen Walbrun einsetzen. Hans Adolf ließ den fürstlichen Gesandten stundenlang vor der geschlossenen Zugbrücke warten (Quelle: L. Baur, Archiv für hessische Geschichte und Altertumsforschung 8, gefunden in: Neutsch - aus seiner Geschichte, Chronik von Dr. Müller 1949). Er wolle dann in drei bis vier Tagen seine Entscheidung mitteilen. Landgraf Georg reagierte sofort und ließ das Schloß umlegen, mit 200 Pferden für die Geschütze. Hans Adolf versteckte sich in einer Kammer und erschoß sich, wurde aber noch lebendig aufgefunden und starb eine Viertelstunde später.

1586 erprobte der Landgraf sein Öffnungsrecht in aller Form: nach altem Recht mußte der Lehensmann dem Lehnsherrn sofort die Zugbrücke herunterlassen, wenn der es forderte. Antoni und Hans Gottfried von Walbrun fügten sich der Forderung, und der alte Rechtsbruch war damit abgeschlossen.

Verkaufsurkunde aus dem Jahr 1722: die Herren von Wallbrunn verkaufen Dorf und Schloß an Landgraf Ernst Ludwig von Hessen. Links 1. Seite, rechts letzte Seite (Klenk).

Nach der Entvölkerung durch den 30jährigen Krieg wurde die Gegend allmählich wieder besiedelt, auch das Schloß wurde wiederaufgebaut. 1722 schließlich wurde die gesamte Herrschaft (Schloß Wallbrunn, Ernsthofen, Asbach, Hoxhohl, Neutsch, Klein-Bieberau und weitere umliegende Dörfer samt aller Bewohner) an Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt verkauft.

   

Grabmale einstiger Bewohner des Schlosses in der Schloßkirche (alle Schloß-Fotos: Sammlung Claus Klenk)

Um 1920 unterhielt Edmund August Stirn im Wasserschloß, das bis dahin über lange Zeit als Forsthaus und fürstliche Dependance für Jagdgesellschaften genutzt worden war, ein Kinderheim. Die Geschichte Stirns zeichnet sein Urgroßneffe Dr. Gerhard Stärk aus Guntersblum in seinem Beitrag "Schloß Ernsthofen (Odenwald): Die Ära Stirn 1921-1957" vom April 2021 nach. Den Beitrag finden Sie als PDF unten auf dieser Seite.

 

Das Anwesen wurde noch immer landwirtschaftlich genutzt, die Fotos stammen aus der Zeit um 1920 (Klenk).

Plan der Anlagen, aus der Zeit um 1840 (Klenk)

Das Schloß um 1890, die Fotografie links zeigt den Umbau zum Stufengiebel, im Turm (noch ohne Haube) wächst ein Baum; rechts der Innenhof (Klenk)

 

Ansichtskarte um 1920 (Klenk)

Ansichtskarte ca 1920 (Klenk)

Schloßhof um 1920, anstelle der Terrasse stand das ursprüngliche Haupthaus, das jetzige Gebäude war einst ein Wirtschaftsgebäude (Klenk)

Schloßinnenhof von Norden gesehen, um 1920 (Klenk)

Pferdewagen und Automobil im Innenhof des Schlosses, um 1920 (Klenk)

Weiterführende Infos in meinen Jahrbüchern: Das Durchblick-Jahrbuch: Spinnstubb 2.0, sie sind deshalb online nicht zu finden:

  • Das Waldhaus: ein lebendiges Museum
  • Die Wiesen um Ernsthofen 1882

Gernot Scior: "Von Nieder-Ramstadt nach Ernsthofen" und "Ernsthofen wird hessisch" - beides Vorträge, Unterlagen aus der Sammlung Klenk - nicht veröffentlicht

Zeittafel zur Entwicklung des Dorfes Ernsthofen

Georg Krügler stellte zur 600 Jahr Feier eine sehr detaillierte Zeittafel zusammen, zu finden auf den Seiten des Ortsbeirates. Sie beginnt um 3000 vor Christus und endet mit der 1962 erbauten Straße zu den Aussiedlerhöfen.

Ergänzungen zu dieser Seite dürfen gerne jederzeit an die Redaktion geschickt werden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Marieta Hiller, Januar 2022

Reichenbach: Kirchturmuhr erfolgreich entfesselt

Wieder ein spannender Beitrag des Reichenbachers Walter Koepff, seit 50 Jahren als "rasender Reporter" im Lautertal unterwegs. Klar, daß Koepff auch im Redaktionsteam zur Festchronik "50 Jahre Lautertal" mitarbeitet. Hier dokumentiert er die aktuellen Arbeiten am Kirchturm der evangelischen Kirche in Reichenbach:

Zwei Meter fehlten bis zur Kirchturmuhr

Mit einem lokalen Hubsteiger sollten die Zeiger der Reichenbacher Kirchturmuhr von der „Fesselung“ durch die vom Sturm verwehten Kabel der Taubenabwehr befreit werden. Seit einiger Zeit zeigte die weithin sichtbare Uhr nicht mehr korrekt an. Jetzt machte sich eine Fachfirma für Kirchturmuhren daran, den Schaden mit Hilfe eben dieser Steighilfe beheben. Dem Techniker fehlten jedoch gut zwei Meter bis zur Uhr, was aus der Perspektive vom Erdboden aus nicht ganz nachvollzogen werden konnte. Der umlaufende Sims verhinderte ein näheres Heranfahren der Arbeitsbühne. Ein Herunterreißen der ähnlich wie ein Weidezaun funktionierenden Taubenabwehr hätte nur noch größeren Schaden an der Zeitanzeige zur Folge gehabt. Jetzt sollte ein zweiter Versuch mit einem höheren Hubsteiger unternommen werden.

Spannend wurde auch der zweite Versuch, mit einem größeren Hubsteiger die Reichenbacher Kirchturmuhr von den vom Sturm verwehten Drähten der Taubenabwehr zu befreien. War vor 14 Tagen der eingesetzte Hubsteiger zu kurz, um an das Zeigerwerk zu gelangen, so wollte die jetzt eingesetzte Arbeitsbühne sich zunächst nicht nach oben bewegen. Erst als man die eingeschaltete Transportsicherung lösen konnte, stand dem Aufstieg nichts mehr im Wege. Küsterin Tatjana Bauer war sichtlich erleichtert, als der Monteur die Kabel von den Zeigern entfernt hatte. Jetzt wird man hoffentlich in Reichenbach wieder sehen, was die Stunde geschlagen hat.

 

 

Text und Foto: Walter Koepff

Lesen Sie auch: Verborgener Schatz in der Reichenbacher Ev. Kirche

 

Die Marmorbrüche von Carrara

Ein Reisebericht von Mick Schäfer, Fotograf. Zu seiner Seite mit weiteren Infos, Ausstellungsterminen und Geschenktipps auf odenwald-redaktion kommen Sie hier.

m Herbst war ich in Carrara und wollte zu den Marmorbrüchen in der Nähe, ein Kindheitstraum der endlich wahr wurde...
Ein Geologe den ich dort zufällig traf hat mich mit ins Innere eines Berges genommen. Gradios!!

Wechselvolle Geschichte der Region

Wechselvoll ist die Geschichte unserer Heimatregion: Alle hatten ein Wörtchen mitzureden...
... nur die Bewohner nicht...

Vom heiligen römischen Reich Deutscher Nation über das Großherzogtum Hessen-Darmstadt zum Bundesland Hessen; vom Katholizismus zum reformatorischen, lutherischen oder evangelischen Glauben - die Wechsel im Odenwald fanden oft mehrmals innerhalb weniger Generationen statt. Die Einwohner, damals noch Untertanen genannt, hatten stets die Religion ihrer Herrschaft anzunehmen. Noch bis 1813 herrschte die Leibeigenschaft. Man konnte nicht einfach heiraten wen man wollte und nicht dorthin ziehen wo es einem gefiel.

„Es hat sich noch niemand arm geschenkt“...

Als ich mich mit verschiedenen Menschen unterhielt auf der Suche nach Hintergrund-Infos zur Blaufarbenfabrik Lautern, zum Kupferbergwerk Reichenbach oder zum Modautal-Eisenbahnbau, war ich auch zu Gast bei einer 94 Jahre alten Dame, die aus Raidelbach stammt. Sie hat ein Familienbuch, in das sie alle Geburten und Sterbefälle einträgt. So konnte sie mir über ihren Urgroßvater Heinrich Mink (*um 1850) berichten, der ab 1880 als Aufseher in der Blaufarbenfabrik tätig war. Das hatte ihr eine Großtante erzählt, die Direktorin der Bensheimer Post war und nach der Devise lebte „Wenn man so [vornehm] nicht essen will, kann man ja gleich zu den Kühen im Stall gehen“. Sie war recht vornehm, täglich kam das gute Geschirr auf den Tisch, sie trug immer gepflegte Kleidung, und die Schürze wurde nicht angezogen, sondern vorgelegt.
Heinrich Mink ist verwandt mit den Reichenbacher Minks, die nach den Erinnerungen der alten Dame einst von drei Russen abstammten, die im 18. Jahrhundert nach dem Krieg in Reichenbach blieben und ihren Namen in Mink änderten.

„Man kann ja keins mehr fragen“

Da die alte Dame gerne ohne Namensnennung bleiben möchte, nenne ich sie K.
Ihre Mutter Margarethe stammt aus Gadernheim und ist als uneheliches Kind in der Villa der Blaufarbenfabrik Lautern geboren. Später heirateten die Großeltern von K. aber doch noch, obwohl der Philipp dem Urgroßvater Heinrich Mink nicht gut genut war. Margarethe und Philipp hatten viele Kinder. Philipp stammt aus Bayern, war orthopädischer Schuhmacherr und starb 1935. Drei Jahre später starb seine Schwiegermutter, die Urgroßmutter von K. und Ehefrau von Heinrich Mink.

Vor dem 1. Weltkrieg kamen viele Steinhauer aus Bayern, weil dort große Arbeitslosigkeit herrschte, so weiß K. zu erzählen.

K. brachte als Zehnjährige, also um 1937, dem Vater jeden Tag das Mittagessen zum Hohenstein. Der Vater arbeitete drei Jahre „am Kunkelmann“ und brachte den Kindern immer grüne und blaue Steine mit. K.s Bruder war der in den 1980er Jahren bei uns Jugendlichen sehr beliebte Dreschers Adam, wo wir am Wochenende immer Ebbelwoi und Flaschenbier getrunken haben. Eine Schwester von K. lebt noch, sie ist 97 Jahre alt.

K.s erster Mann war ein Götzinger, er war 35 Jahre älter als sie und während des Krieges Ortsbauernführer in Raidelbach. Sein Hof hatte 94 Morgen Feld. Im Krieg war er lange inhaftiert: beim Fliegerabschuß am Hohberg Elmshausen landete ein junger Soldat mit dem Fallschirm auf dem Heidenberg, Götzinger und sein Nachbar brachten ihn zur Verwaltung im Rathaus Gadernheim. Da der Soldat aber Blut im Schuh hatte, wurde Mißhandlung durch die beiden Raidelbächer unterstellt. Erst nach 28 Monaten wurden die beiden durch den jungen Soldaten entlastet und entlassen. Da war seine 1. Frau schon ein Jahr tot, und er selber verstarb nicht lange nach der Heirat mit K. 1954.

1960 zog K. nach Brandau und heiratete erneut, einen Flüchtling aus dem Böhmerwald. Er starb mit 53 Jahren.

K. war Zeit ihres Lebens arm und sagt nun mit 94 Jahren doch von sich, daß es ihr nie so gut gegangen ist wie jetzt. Sie ist rüstig, putzt und kocht selbst, strickt wunderschöne gemusterte Sachen, und ißt sehr viele gekochte Eier. Sie hatte in ihrem Leben 26 Putzstellen, ließ sich aber nicht selbst zum Putzlumpen machen, das ließ ihr Stolz nicht zu.

„Der Wohlstand hat uns Haß Neid und Streit gebracht...“

Woher das Wort Abkupfern kommt...

Manch einer schafft es, seine Spuren zu verwischen: so war von einem Lithographen des 19. Jahrhunderts bislang kaum mehr als der Name van Hove und der Arbeitsort Offenbach bekannt. Spannend ist  im Beitrag von Johann Heinrich Kumpf (derselbe, der auch das Buch des Dr. Klein von 1754 neu herausgab) dargelegt, wie die Vornamen des geheimnisvollen van Hove ans Licht kamen. Noch spannender aber ist die Geschichte, wie früher mit dem geistigen Eigentum anderer umgegangen wurde: „Abkupfern“ nennt man das auch. Abkupfern kommt aus dem Druckwesen: ein Autor fertigte zunächst eine Zeichnung oder Skizze an, die anschließend vom Kupferstecher zu einer Druckplatte gemacht wurde: seitenverkehrt stach der Kupferstecher alle Linien nach, danach konnten von der Platte beliebig viele Abzüge gedruckt werden. „Mein lieber Freund und Kupferstecher“ war also jemand, der Plagiate anfertigen konnte, Abzüge ohne Copyright.

Küchenknigge mit viel Zucker

"gekocht - gebacken - gezuckert - gezaubert" - so heißt der Küchenknigge für junge Frauen aus den 1960er Jahren.

Hausfrauen leisten noch immer mehr als alle Arbeitnehmer zusammen: 40 Milliarden Arbeitsstunden pro Jahr (alle Frauen in Deutschland zu jener Zeit zusammen). Mit dieser reißerischen Zahl macht das schmale Büchlein auf und fährt fort: "eine natürliche ausgewogene Ernährung trägt entscheidend dazu bei, gesund und schlank zu bleiben."

Herbstfunde: ehemalige Grabsteine in der Landschaft

Herbstfund: als die hohen Brennesseln am Wegrand abgestorben sind, tauchte - wie jedes Jahr - dieser zerbrochene Grabstein wieder auf: ein Mahnmal für unsere Vergänglichkeit, aber auch  Zeugnis für die einst rege Steinbearbeitungsindustrie vor Ort. Trotzdem bleibt das Gefühl: dieser Stein an diesem Ort ist pietätlos der Verstorbenen gegenüber.

Was kostet ein Kilometer Autobahn?

Heute rechnet man für den Bau von Autobahnen  etwa zehn Millionen Euro pro Kilometer.

Im alten Rom (2. Jahrh. n. Chr.) rechnete man für eine Meile (1500m) 100.000-500.000 Sesterzen*. Für den Bau wurden Soldaten eingesetzt, die so in Friedenszeiten nicht auf dumme Gedanken kamen. Auf diesen Straßen durften nur Diplomierte reisen: Gesandte mit einem zeitlich begrenzten Erlaubnisschein. Entlang der 6-14 Meter breiten Straße gab es Raststätten. Fußgänger mit Gepäck schafften täglich 30-40 km, privilegierte Reiter 60-80 km, mit Pferdewechseln bis zu 300 km.

Was wir über das Wilde Heer und den Rodensteiner wissen...

Der Dichter Werner Bergengruen lebte eine Zeitlang in Lindenfels und sammelte Odenwälder Sagen - vor allem gruselige. Der Rodensteiner und das Wilde Heer faszinierte ihn besonders. Wenn ein Krieg sich ankündigte, so hörte man früher in der Nacht, als die Stuben noch von Kien und Kerzenlicht erhellt wurden, das Wilde Heer vom Schnellerts durch den Haalhof ziehen. Heute ruht im Wald still die Ruine der Schnellertsburg, und auf dem Haalhof rasseln allenfalls Kühe mit Ketten.

Von Irrlichtern und schlechter Luft

„Daß von Grabstätten und Kirchhöfen häufige Dünste in die Höhe steigen, das beweisen unter andern die an solchen Orten gewöhnlichen Lufterscheinungen, z.E. das dumme Feuer oder Irrwisch. Und daß dergleichen ganz subtile Dünste, die nicht alle Menschen oder Tiere, sondern nur diese und jene ganz besonders empfinden können...“
Das schrieb Amtsarzt Dr. Ludwig Gottfried Klein im Jahre 1754 in seinem Buch über die Odenwälder "...statt des Confekts fressen sie eine gute Portion Kartoffeln...

Was wäre wenn Florence Nightingale heute leben würde

Die berühmte Krankenschwester (1820-1910) wirkte in England. Würde sie heute leben, dann würde sie nicht nur impfen und Covid-Erkrankte im Notfallbett pflegen, sondern sie würde eine knallharte Statistik führen: wer infiziert sich wie und wo, worauf lassen sich schwere Verläufe zurückführen, an welcher Stelle kann der Infektionsweg unterbunden werden.

Darmstadt unter dem rosa Winkel

Wie man als Homosexueller im 20. Jahrhundert lebte: Darmstadt unter dem rosa Winkel

Man sollte meinen, daß mit dem Kriegsende 1945, mit dem Ende der Nazigewaltherrschaft, auch die NS-Gerichtsbarkeit außer Kraft gesetzt wurde. Die Aliierten übernahmen alle Funktionen und strukturierten Behörden und staatliche Einrichtungen neu.
Einige Paragraphen aus der alten Gesetzgebung wurden jedoch noch für lange Zeit weiter angewendet. Wer aufgrund des Paragrafen 175 in Haft war, blieb es weiterhin. Die Nationalsozialisten hatten ein perfides Mittel, um wehrfähige Männer von Straftaten abzuschrecken, die auf diese Weise von der Front ins Gefängnis wollten: sie wurden zwar in Haft verwahrt, ihre eigentliche Strafe war jedoch erst nach Kriegsende abzubüßen.