Fundstücke bei Grenzgängen

Grenzgänge können sehr ergiebig sein, um an historische oder volkskundliche Details zu kommen. Was ich in Beedenkirchen, Gadernheim, Breitenwiesen, Lautern, Neunkirchen und Lorsch erlebt und erfahren habe, außerdem eine Beschreibung des alten Weges zwischen Gadernheim und Allertshofen, warum die Hutzelstraße Hutzelstraße heißt, aktuelle Grenzgeschichten von Geflüchteten und vieles mehr... Und wer weiß: vielleicht entdecken wir eines Tages doch noch, wo der geheimnisvolle Grenzpunkt Reonga aus dem Lorscher Kodex zu finden ist! Eine spannende Geschichte dazu habe ich seit 25 Jahre lang meinen großen und kleinen Gästen im Felsenmeer erzählt: die Sache mit der saftigen Ohrfeige!

Waldeinsamkeit...

1795 wurde auf der Hochfläche zwischen Darsberg, Grein und Hirschhorn Wald gerodet und 6 Erbhöfe angelegt. 1834 zählte das Dorf 60 Einwohner. Doch schon 2 Jahrzehnte später lebten hier nur noch 3 Personen. Missernten und die schlechten Sandböden hatten die Bauern gezwungen das Dorf zu verlassen. Nur der Förster musste wegen der für damalige Beamte üblichen Residenzpflicht in Michelbuch verbleiben.

War der Nikolaus ein Guter oder ein Böser?

Wer ist er eigentlich, der Nikolaus? Ist er ein Guter oder ein Böser?
Wer kennt ihn nicht: „den großen Nikolas mit seinem großen Tintenfaß“ - der zur Strafe für ungehorsame Kinder im Struwwelpeter als Drohfigur auftritt. Generationen von Kindern wurden mit dem - heutzutage völlig ungeeigneten - Erziehungshilfsmittel von Dr. Heinrich Hoffmann geängstigt. Die unzerreißbare, ungekürzte farbige Volksausgabe steht wohl noch in jedem Bücherschrank, aber Angst vor dem Nikolaus hat heute keiner mehr.

Waren die Kelten im Odenwald?

Kelten im Odenwald: darüber läßt sich trefflich streiten... Wer waren sie - die geheimnisvollen Kelten? Lebten sie hier im Odenwald, einst vor vielen Jahrhunderten - lange vor unserer Zeitrechnung? Oder gab es sie hier gar nicht! Bei dem reichen Erzvorkommen im Odenwald an vielen Stellen liegt die Vermutung nahe, daß sie hier ebenfalls Bergbau betrieben haben. Das Zeitalter der Kelten teilt sich auf in die Hallstattzeit (800 bis 450 vor Christus) und die Latène-Zeit (450 v. Chr. bis 0) und wird auch Eisenzeit genannt. Denn erst die Kelten hatten das Verhütten von Eisen gelernt. Vorher brauchte man kein Erz und der Odenwald war eine undurchdringliche Wildnis. War sie das auch zur Zeit der Kelten?

Köhlerei: das Brot des schwarzen Mannes

Die Köhlerei ist seit dem Aufkommen der ergiebigeren Steinkohle aus unseren Wäldern verschwunden. Wie der Köhler einst lebte, womit er "telefonierte", wozu man seine Holzkohle brauchte und wie ein Kohlenmeiler oder ein Rennofen heutzutage betrieben wird, lest ihr hier! Lehnt euch bequem zurück und genießt, daß ihr euch nicht mehr so anstrengen müßt wie die Waldarbeiter früherer Tage! Am 16. August 2017 wurde das Köhlerhandwerk in Fürth zum Immateriellen Kulturerbe ernannt. Die Übergabe des UNESCO-Zertifikates an die Fürther Naturagendten fand am Schaumeiler in Fürth statt, der Teil des Niederwald-Lehrpfades auf dem Hochscheppel ist.

Lautertal: zwölf Schlafdörfer oder Mittelpunkt für Bewohner und Touristen

„Wenn wir heute noch um die Existenz der politischen Gemeinde kämpfen müssen, ist das nicht reines Unvermögen, sondern auch Folge von Gesetzen, die nicht allen Kommunen gleich gut bekommen waren“ meint Hans Seeger aus Beedenkirchen in seiner Broschüre „Lautertal was nun? Zukunftsperspektiven“. Damit spielt er auf die Gebietsreform 1972 an, die aus zwölf Dörfern eine Gemeinde machte. „Herr Loandrat, isch koann me net helfe, äwwe woann me zäje Oarme zuammedut, gitt däss noch koan Reische“ (Zitat Karl Germann, damals Bürgermeister in Reichenbach).

Das Land Hessen habe die neu entstandene Kommune mit ihren Problemen alleine gelassen. Und tatsächlich, bei Licht betrachtet, ist heute - über 40 Jahre später - noch immer keine Gemeinde Lautertal entstanden, die „aus einem Guß“ erscheint. Dabei weist Seeger auf zwei starke Vorteile hin, die die Bewohner des Lautertals zu bieten haben: es gibt ein vielfältiges Angebot an leistungsfähigen Handwerkerbetrieben und Industriezulieferern auf der einen und eine gut ausgebildete Einwohnerschaft, die mit für die niedrigste Arbeitslosenquote in der Region sorgt.

Gadernheim - ein Höhendorf im Odenwald

Der Bau von Kaiserturm und Kirche brachte Gadernheim Lohn und Brot

Vor etwa 100 Jahren wurden beide Bauwerke errichtet, der Kaiserturm im Jahr 1909, die Metzendorf-Kirche 1913. Dieser Bauboom brachte allen ortsansässigen Gewerken ein gutes Auskommen: Zimmerleuten, Schreinern, Klempnern, Fensterbauern - und vor allem den Steinhauern. Denn beide Gebäude sind aus Gadernheimer Granit errichtet, gebrochen in den umliegenden Steinbrüchen.

Grenzgang um Beedenkirchen

Grenzgang im März 2018: die nordöstliche Grenze von Beedenkirchen

Die Beedenkirchener zogen beim Grenzgang 2018 mit Hartmut Krämer vom Grillplatz Allertshofen entlang der Dietzenbach die nordöstliche Grenze hinauf. Durch die Stegwiesen, den Engelgrund und die Tannäcker ging es zum Col de Beerbach, wo die Hutzelstraße die Grenze quert. Die Hutzelstraße hat ihren Namen von den Hutzelweibern, die im Spätherbst gedörrte Früchte in großen Körben zum Markt brachten. Zu Weihnachten und in der Winterszeit wurden diese dann als Energie- und Vitaminlieferanten gegessen. Die Hutzelstraße gehört zum Altstraßensystem, das z.B. Weinheim mit Dieburg verband. An dieser Verbindung stand auch das hübsche Fachwerkhäuschen zwischen Kolmbach und Gadernheim.


Der Beedenkirchener Grenzgang führte am Gehöft Kohlwiese und dem Krämerhof vorbei weiter zur Kuralpe. Während Beedenkirchen und Schmal-Beerbach eine eigene Gemarkung haben, gehört Wurzelbach zu Beedenkirchen. Das Jagdrevier reicht übrigens von Wurzelbach über die Kuralpe und den Felsberg bis zum Lauterner Knorz, wobei der Jagd weniger Tiere zum Opfer fallen als dem Straßenverkehr.

Marieta Hiller, 2018

Die Römer am Harzhorn

Ein römisches Schlachtfeld in Niedersachsen entdeckt

Es kam in Nano im Dezember 2008: Wissenschaftler sprechen von "spektakulärem" und "außergewöhnlichem" Fund

Irgendwann um das Jahr 235: Römische Truppen befinden sich auf dem Rückmarsch von einem Feldzug ins nördliche Germanien. Ihr Weg am westlichen Harzrand entlang führt über einen Pass. Doch auf dem "Harzhorn" haben sich Germanen verschanzt, um die Legionäre zu stoppen. So oder ähnlich, meint der Archäologe Günther Moosbauer von der Universität Osnabrück, sei die Ausgangssituation für eine bisher unbekannte Schlacht zwischen Römern und Germanen gewesen.

Lindenfels: Burg auf dem Bergsporn

Wie schön wäre es, wenn der Name Lindenfels von der Linde auf dem Fels herstammen würde! Doch die zeigt sich erst im Wappen der Stadt. Ob in jenen lang vergangenen Zeiten, in denen zuerst die Burg auf dem Bergsporn über dem Schlierbachtal erbaut wurde, dann (vermutungsweise) die Gegenburg auf dem Alten Köpfchen und die Vorstadt, ob damals also eine Linde auf dem Bergsporn wuchs - das weiß niemand zu sagen.

Kalenderstreitigkeiten anno 1582

Zwischen Bensheim und Reichenbach lagen zehn Tage, und doch wieder nicht...

„Zwischen den Jahren“ - in der Zeit nach Weihnachten und vor dem Dreikönigstag - hielt man innere Einkehr, faßte gute Vorsätze für das kommende Jahr, die Knechte und Mägde wechselten ihre Herrschaft. Für diesen Umzug übrigens wurden einst die Plätzchen erfunden: haltbares Kleingebäck für unterwegs. Zwischen den Jahren, auch Rauhnächte oder Zwölfnächte genannt, hatte man Zeit, um über die Zeit nachzudenken. Und was ist ein Kalender, wenn nicht niedergeschriebene Zeit? Kalender gibt es schon seit der Steinzeit. Stonehenge, die Maya-Knotenkalender, die Pyramiden, Kirchenfenster durch die das Licht zu einem bestimmten Tag auf ein bestimmtes Bild fällt.

Wenn früher auf dem Lande der Winter Einzug hielt...

Der Schnee des letzten Winters (2013) hat alle geschafft. Wer hätte in Zeiten der Klimaerwärmung mit einem solchen Bilderbuchschnee gerechnet, wie ihn manch einer nur noch aus dem Märchen kennt?

Doch welche Lasten bürdete uns dieser Winter auf: eingestürzte Dächer, Staus und Unfälle, der Müll wurde nicht mehr abgeholt, das Streusalz ging vorzeitig zur Neige, wir fühlten uns eingeschränkt in unserer freien Beweglichkeit, mußten stundenlang Schnee schaufeln - kurz: alles war schrecklich.

Rettet die Dickwurz! Und das Dialektsprechen!

Ihr kennt doch sicher die Köhlerstochter und Räuberbraut Bawweddsche, oder? Sie hat euch viel zu erzählen...

Bawweddsche meint dazu:

Also eins will ich Ihnen ja mal sagen: die Jahreszeiten sind auch nicht mehr das was sie mal waren! Im August gibts Schokonikoläuse, und im September stehen schon die ausgehöhlten Kürbisse vor den Türen...

Früher, als die Menschen noch ohne elektrischen Strom lebten, da wurde es früher dunkel. Jedenfalls kam es uns so vor. Die Häuser duckten sich in der Dämmerung, zogen die Schultern ein. Drinnen hockten die Menschen und gruselten sich, ließens sich aber zugleich auf der warmen Ofenbank gutgehen. Uns Räubern ging es nicht so gut!